Wenn bei der Geburt etwas schiefgeht – wer zahlt was?

15. März 2023

Leider kommt es manchmal auch bei Geburten zu Gesundheitsschädigungen der Mutter oder des Neugeborenen, welche nebst der persönlichen Belastung auch zu hohen Kosten führen können. Es stellt sich in solchen Fällen die Frage, wer für den entsprechenden Schaden aufkommt.

Ist das Neugeborene betroffen, wird grundsätzlich unterschieden zwischen spezifischen Leiden, die als Geburtsgebrechen anerkannt werden und für welche bis zum 20. Geburtstag die Invalidenversicherung alle zur Behandlung notwendigen medizinischen Massnahmen übernimmt, und allen anderen Leiden, für welche die Krankenversicherung leistungspflichtig ist. Die Details zu den Geburtsgebrechen sind im Bundesgesetz über die Invalidenversicherung und in der Verordnung über Geburtsgebrechen geregelt, in deren Anhang sämtliche Geburtsgebrechen aufgelistet sind.

Daneben gibt es diverse Krankenzusatzversicherungen, welche nicht selten von den Eltern des Kindes vorgeburtlich abgeschlossen werden. Eine häufig abgeschlossene Krankenzusatzversicherung stellt die Kapitalversicherung bei Tod oder Invalidität durch Krankheit oder Unfall dar.

Die Kapitalversicherung bei Unfall kostet in der Regel wenige Franken pro Monat und verspricht, im Falle eines Unfalls, welcher zur (Teil-)Invalidität führt, eine bestimmte Summe (z.B. CHF 100’000.00 bei 100 % Invalidität) zu bezahlen. Oft sehen die Versicherungsbedingungen vor, dass die Versicherungssumme bei einem Invaliditätsgrad über 25 % überproportional steigt. Während bei einem Invaliditätsgrad von bspw. 20 % bei einer Versicherungssumme von CHF 100’000.- CHF 20’000.- ausbezahlt werden, sind es bei 50 % etwa nicht CHF 50’000.-, sondern CHF 100’000.-, und bei 100 % Invaliditätsgrad bis zu CHF 350’000.- (sogenannte „Progression“).

Diese Versicherung kann auch im Zusammenhang mit Geburten interessant sein, sind doch insbesondere im Fall von Spontangeburten von grossen Säuglingen Schulterdystokien und geburtstraumatisch bedingte Plexusläsionen statistisch relativ häufig, was wohl vielen werdenden Eltern mangels Aufklärung darüber gar nicht bewusst ist. Plexusläsionen bei Neugeborenen sind nahezu ausschliesslich Folge von Geburtstraumata, verursacht durch die hohe Zugkraft beim Geburtsvorgang. Solche Verletzungen können, je nach Ausgestaltung der Versicherungsbedingungen, zu einem Invaliditätsgrad von 50 % oder mehr führen.

Abschliessend muss auch erwähnt werden, dass bei missglückten Geburten immer auch die Frage geklärt werden muss, ob dem behandelnden Arzt oder Personal ein Behandlungsfehler unterlaufen ist und somit ein Haftpflichtfall vorliegt.

Die Aufarbeitung und Klärung dieser Themen sind emotional und stellen eine grosse Belastung für die Eltern dar, insbesondere zumal sowohl die Krankenzusatzversicherungen als auch die Haftpflichtversicherungen zunächst regelmässig eine Leistungspflicht ablehnen. Es ist daher in jedem Fall zu empfehlen, in solchen Fällen rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen.