Klare Worte des Kantonsgerichts Luzern: Ein «Chronic Fatigue Syndrome» berechtigt zu Leistungen der IV

21. März 2024

Zu Zeiten der «Überwindbarkeitsvermutung» galten Beschwerdebilder wie das «Chronic Fatigue Syndrome» (CFS) als überwindbar, wenn sich die Betroffene nur zumutbar willensanstrengte (bspw. Urteil des Bundesgerichts 9C_662/2009 vom 17. August 2010, insb. E. 3.3 zur Abgrenzung von «medizinisch Kranken» und «juristisch Invaliden»). Diese Rechtsprechung war aber schon länger Rechtsgeschichte, als sich die IV-Stelle des Kantons Luzern in einem von schadenanwaelte betreuten Fall Anfang 2021 auf den Standpunkt stellte, dass ein CFS in der IV allgemein nicht versichert sei.

Das Kantonsgericht des Kantons Luzern hat dieser Ansicht in einem kürzlich erwirkten Urteil nun eine klare Abfuhr erteilt. Es hielt fest, dass ein CFS eine Krankheit im Sinne des Gesetzes ist und durchaus zu Arbeitsunfähigkeit und Invalidität führen kann (E. 8.1.). Ebenso bejahte es die Beweiskraft eines Gutachtens, das die AXA im Rahmen der Krankentaggeldversicherung zur Abklärung des CFS an einem Universitätsspital in Auftrag gegeben hatte (E. 6.). Entsprechend verneinte es auch die Notwendigkeit weiterer Abklärungen, wie sie die IV-Stelle im Rahmen des Gerichtsverfahrens dann noch beantragt hatte (polydisziplinäres Gutachten mit neuropsychologischer Testung, E. 7. f.). Stattdessen sprach es dem Versicherten gestützt auf die medizinischen Unterlagen sowie die Prüfung der Standardindikatoren direkt eine ganze Rente zu (E. 7. ff.). Ein erfreuliches Beispiel dafür, dass Menschen mit früher massiv diskriminierten Beschwerdebildern nun dank Überwindung der «Überwindbarkeitsvermutung» wieder Zugang zu den gesetzlich vorgesehenen Leistungen haben!

Urteil des Kantonsgerichts des Kantons Luzern vom 30. Oktober 2023

RA Soluna Girón