Beschluss Obergericht des Kantons Zürich vom 15. Februar 2019: Obergericht Zürich bejaht den adäquaten Kausalzusammenhang zwischen Autounfall und späterer Opiatabhängigkeit

Im letzten Newsletter haben wir uns die Bemerkung erlaubt, dass erstinstanzliche Zivilgerichte immer wieder einmal der Versuchung erliegen, sich (zuweilen inhaltlich anspruchsvoller) Klageverfahren durch Verneinung von Grundvoraussetzungen zu ‚entledigen‘, weshalb dann die Rechtsmittelinstanz jeweils korrigierend eingreifen muss. In der Zwischenzeit hat schadenanwaelte erneut in einem solchen Haftpflichtfall vor der oberen kantonalen Instanz obsiegt. Die erste Instanz muss den Prozess wieder aufnehmen und die weiteren Anspruchsvoraussetzungen prüfen.

Der Fall betraf einen Verkehrsunfall Ende der 90er-Jahre. Die Geschädigte litt nach diesem Unfall mit HWS-Schleudertrauma unter bleibenden Schmerzen und wurde deshalb von verschiedenen Kliniken zunächst mit Opioiden, später auch mit Opiaten behandelt. In der Folge stellte sich eine massive Opiatabhängigkeit mit schweren Auswirkungen auf den heutigen Gesundheitszustand der Klägerin ein. Das Bezirksgericht Zürich entschied, diese Opiatabhängigkeit sei zwar eine Folge des Unfalls, verneinte aber gleichzeitig wertungsmässig den adäquaten Kausalzusammenhang. Weil die damalige Behandlung mit diesen Medikamenten heute nicht mehr nachvollziehbar sei, handle es sich dabei um einen ganz ungewöhnlichen Verlauf, mit dem schlicht nicht zu rechnen gewesen sei.

Auf die Berufung von schadenanwaelte hin erinnerte das Obergericht des Kantons Zürich daran, dass der Kausalzusammenhang im Haftpflichtrecht nur durch ein grobes Eigenverschulden des Geschädigten oder durch ein grobes Drittverschulden unterbrochen werden kann. Somit befreit auch eine unzweckmässige Behandlung nach dem Unfall, die dessen Folgen verschlimmert, den Haftpflichtigen nicht komplett von seiner grundsätzlichen Ersatzpflicht, soweit den Ärzten nicht selber ein schwerer Kunstfehler vorzuwerfen ist. Das Obergericht erwog, nach Feststellung der medizinischen Gutachter habe man beim Behandlungsbeginn um die Jahrtausendwende noch zu wenig um das Abhängigkeitsrisiko gewusst und gleichzeitig von einer gewissen Wirksamkeit der Behandlung ausgehen können. Gleichzeitig habe die Klägerin die Medikamente nach Anordnung und im Vertrauen auf ihre Ärzte eingenommen. Auch wenn eine solche Therapie aus heutiger medizinischer Sicht nicht nachvollziehbar sei, könne man weder den Ärzten noch der Klägerin für das damalige Verhalten ein grobes Verschulden vorwerfen. Entsprechend bestehe der adäquate Kausalzusammenhang zwischen Unfall und Abhängigkeit weiter, weshalb das Bezirksgericht Zürich nun die weiteren Anspruchsvoraussetzungen beurteilen müsse.