Arzthaftung: Neuster Clou der Assekuranz zum Zweiten
11. April 2025
Die Taktik von Haftpflichtversicherungen, bei im Raum stehenden Behandlungsfehlern auf medizinische Abklärungen zu verzichten und die Haftung kategorisch zu verneinen, wurde im Newsletter vom 12. Juni 2024 beleuchtet.
Wir erachten das oben erwähnte Vorgehen als wenig sachlich und lösungsorientiert, insbesondere zumal dadurch unnötigerweise auch zusätzlicher Anwaltsaufwand verursacht wird, was nicht im Interesse der Haftpflichtversicherung sein kann. Nicht selten kommt es im Rahmen der Vergleichsgespräche in Arzthaftpflichtfällen auch zum «Vorwurf», dass die Anwaltskosten «nicht im Verhältnis zur Schadenshöhe» stünden bzw. mit anderen Worten zu hoch und daher nicht entschädigungspflichtig seien. Dieses Argument ist grundsätzlich kritisch zu hinterfragen, weil der Anwaltsaufwand, besonders bei (komplexen) Arzthaftungsfällen, nicht automatisch mit der Schadenshöhe korreliert.
Bekannt ist auch die Haltung der Haftpflichtversicherungen, wonach Anwaltskosten ähnlich detailliert wie in einem Gerichtsprozess geltend gemacht werden sollen, während bei anderen Schadenspositionen ein weitaus tieferer Detaillierungsgrad zwecks Eruierung der Schadenshöhe ohne Probleme akzeptiert wird. Aus unserer Sicht gibt es keinen Grund, im Rahmen von Vergleichsverhandlungen für die Anwaltskosten einen anderen, strengeren Massstab anzuwenden.
Ein eher neueres Phänomen, welches bei bestimmten SachbearbeiterInnen zu beobachten ist, ist nun aber das Argument der Haftpflichtversicherung, dass Anwaltskosten nicht übernommen würden, da ja «möglicherweise» oder «wahrscheinlich» eine Rechtsschutzversicherung vorhanden sei, welche für die Anwaltskosten aufkomme. Diese Argumentation stellt einen Schlag ins Gesicht der Geschädigten dar, zumal viele Geschädigte bekanntlich nicht über eine Rechtsschutzversicherung verfügen. Fakt ist zudem, dass die Anwaltskosten eine Schadensposition darstellen und von der Haftpflichtversicherung zu tragen sind; dies selbst dann, wenn eine subsidiär für die Anwaltskosten aufkommende Rechtsschutzversicherung vorliegt. Fairerweise ist hier anzumerken, dass das soeben skizzierte, neuere Phänomen bei erfahreneren SachbearbeiterInnen mit juristischem Hintergrund weniger häufig vorkommt, weshalb Hoffnung besteht, dass das Phänomen genauso rasch wieder verschwindet, wie es Einzug gehalten hat.