Patrick Wagner, Die Teilklage (im vereinfachten Verfahren) kommt nicht zur Ruhe, HAVE 2018, S. 8, zusammen mit Markus Schmid

Gegenüber Versicherten geht das Bundesgericht davon aus, dass Überzeugungen bewusstseinsnah und damit veränderbar sind oder als Ausdruck einer Beeinträchti­gung unbeeinflussbar. Stellt man auf andere Urteile ab zur Motivation von Versicherten25 oder auf den Hirn­forscher Prof G. Hüter, so sind Veränderungen von Überzeugungen nur möglich, wenn man es wirklich will.

VIII. Fazit
Aus den vorstehenden Hinweisen ergibt sich, dass die Praxis der überwiegenden Mehrheit der Bundesrichte­rinnen und Bundesrichter in Luzern der Überzeugung folgt, dass eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit bei psychischen Leiden nur beschränkt objektivier­und beweisbar sein soll, dass die Rechtsprechung ein sozialpolitisches Korrektiv im Zusammenhang mit Sparmassnahmen sein soll und die Hoffuung auf Leis­tungen für solche Versicherten nicht geschürt werden soll. Diese Überzeugung wird nicht geändert, weil eine Mehrheit sie nicht ändern will. Urteile unter dem verwirrenden Titel einer «Praxisänderung» ändern da­ran auch nichts. Es geht nicht um eine rechtliche Fra­ge, sondern um solche persönlichen Überzeugungen. Dabei fehlt auch die Fähigkeit zur Distanz gegenüber politischen und ideologischen Strömungen, die ein ju­ristisches Urteil (und noch viel mehr eine bundesge­richtliche Praxis) voraussetzt.

Die Teilklage (im verein­fachten Verfahren) kommt nicht zur Ruhe
Patrick Wagner/Markus Schmid*

Einleitung
Dass eine klagende Partei ihren Personenschaden im Streitfall nicht als Ganzes, sondern nur teilklagewei­se geltend macht, war selbstverständlich schon vor Inkrafttreten der eidgenössischen ZPO möglich und nicht selten. Aus der Kombination der Art. 94, 224 und 243 ZPO ergibt sich neu nun aber eine Art «formeU-es Verbot» der widerklageweise vorgebrachten, negativen Feststellungsklage, wenn die klagende Partei für ihre Teilklage das vereinfachte Verfahren, also einen Streit­wert von bis zu CHF 30 000, wählt.1 U.a. aus diesem Grund hat sich dieses Vorgehen in den letzten Jahren für die gerichtliche Beurteilung von Forderungen im Bereich des Personenschadenrechts für viele Konstel­lationen bewährt.


Das Bundesgericht hat sich nun im Jahre 2017 erneut in zwei Leitentscheiden3 mit Fragen zu dieser Klage­form befasst. Vor allem BGE 143 III 506 hat im Kreise der mit Personenschäden befassten Kolleginnen und Kollegen sowie der solche Prozesse finanzierenden Rechtsschutzversicherungen für viel Gesprächsstoff gesorgt und soll in der Folge in einen etwas grösseren Zusammenhang gestellt und besprochen werden.