Missglückter Uhrendeal mit Zaubertrick – Diebstahl, Betrug oder Veruntreuung?
8. Oktober 2025
Unser Klient inserierte eine hochwertige Uhr und wurde kurz darauf von einem Interessenten kontaktiert. Beide einigten sich darauf, sich in einem Besprechungsraum zu treffen, um das Geschäft über die Bühne zu bringen: Bargeld gegen Uhr.
Im Raum stellten sich die Parteien vor, ausserdem war eine Vertrauensperson des Käufers anwesend. Die Vertrauensperson unseres Klienten wartete mit der Uhr vor der Türe. Der Käufer zählte das Geld vor den Augen unseres Klienten mit einer Zählmaschine ab. Anschliessend prüfte der Verkäufer das Geld selbst nach und überprüfte es auch auf Echtheit. Nach Prüfung des Geldes wurde dieses von der Vertrauensperson mit Gummibändern zusammengebunden und in einen Sack gepackt, der Sack mit Klebeband verschlossen und in einen Beutel gelegt, welcher wiederum mit einem Schloss verschlossen und dem Verkäufer übergeben wurde.
Nun wollte auch der Käufer sich von seiner beabsichtigten Erwerbung überzeugen. Man ging also zusammen zum vor dem Raum wartenden Vertrauensmann unseres Klienten mit der Uhr. Die Uhr wurde an den Käufer übergeben, damit sich dieser von der Echtheit und dem Zustand der Uhr überzeugen konnte. Anschliessend sollte der im Vorfeld schon zugestellte Kaufvertrag unterzeichnet werden.
Daraus wurde jedoch nichts mehr: der Käufer warf unserem Klienten den Schlüssel für den Geldbeutel zu, verliess das Gebäude mit samt der Uhr am Handgelenk und stieg in ein bereitstehendes Fahrzeug mit ausländischem Kennzeichen, welches umgehend davonfuhr. Glücklicherweise hatte unser Klient aber wenigstens noch das abgezählte Geld im Beutel. Dachte er. Denn Hokuspokus – das Geld im Beutel hatte sich in Falschgeld verwandelt.
Ernüchtert wandte er sich an seine Hausartversicherung, bei welcher er seine Uhr glücklicherweise gegen «Diebstahl ausser Haus» versichert hatte. Und schon folgte die nächste Ernüchterung: «Hier handelt es sich um einen nicht versicherten Betrug oder eine Veruntreuung und nicht um einen Diebstahl gemäss unseren AVB.» hiess es.
Mit unserer Hilfe wurde dann erfolgreich gegenüber der Versicherung eingewandt, dass es sich vorliegend weder um einen Betrug, noch um eine Veruntreuung handeln konnte.
Der Besitz, und schon gar nicht das Eigentum, an der Uhr wurde nämlich überhaupt nicht an den Dieb übertragen. Vielmehr handelte es sich um einen gelockerten Gewahrsam an der Uhr zum Zwecke der Überprüfung der Ware im Rahmen der Verhandlungen. Ein solcher Vorgang erfolgt täglich hundertfach. Gerade bei Schmuckverkäufen ist es absolut üblich, dass der Gegenstand der (potentiell) kaufwilligen Person zur Begutachtung und Anprobe übergeben wird. Erst mit dem Ergreifen der Flucht erfolgte der Bruch des Gewahrsams und damit eben ein Diebstahl. Zumal keine freiwillige Aufgabe des Besitzes erfolgte, kann auch ohne Prüfung der weiteren Tatbestandsvoraussetzungen kein Betrug vorliegen und mangels Anvertrautseins mit Wissen und Willen des Eigentümers auch keine Veruntreuung.
Somit ging der Zaubertrick doch noch glimpflich aus: zwar gab es keinen Applaus für den Magier, aber immerhin eine Entschädigung von der Versicherung für die gestohlene Uhr.