Wenn es auf der Skipiste knallt: Wer haftet und was es zu beachten gilt

15. Januar 2020

Ein Zusammenstoss nach einem zu riskanten Überholmanöver, ein Sturz in einen Graben wegen einer unklaren Pistenmarkierung, ein Sprung über den Big Air Bag hinaus in den harten Schnee oder eine Kollision mit einem Snow Mobile: Die Unfälle auf der Skipiste, mit welchen sich schadenanwaelte als Vertreter der verletzten Personen bereits zu befassen hatte, sind vielfältig. Oft sind auch die aus solchen Unfällen resultierenden Verletzungen erheblich und das Schadenpotenzial demzufolge hoch.

Ob jemand in den genannten Fällen haftbar gemacht werden kann, ist meist nicht einfach zu beantworten.

Mögliche Haftpflichtige sind andere Pistenbenützer oder die Betreiberin des Skigebiets (Bergbahnen). Ein anderer Pistenbenützer haftet nur dann, wenn er bei seiner Fahrt nicht die notwendige Sorgfalt aufgebracht hat, etwa indem er nicht mit einer den Verhältnissen angepassten Geschwindigkeit auf der Piste unterwegs war oder mit zu geringem Abstand überholte. Einen guten Überblick, wie man sich auf der Piste zu verhalten hat, geben die Regeln des Internationalen Ski-Verbandes (FIS-Regeln), welche auch die Gerichte regelmässig heranziehen.

Eine Haftung der Bergbahnen resultiert, wenn diese ihre Verkehrssicherungspflichten verletzt haben. Die Bergbahnen sind verpflichtet, die Pisten mit Pistenstangen und weiteren Schildern klar und eindeutig zu markieren, so dass die Benützer auch bei schlechten Sichtverhältnissen sicher den Weg ins Tal finden. Zudem muss der Pistenbenützer mit geeigneten Markierungen (bspw. einer Warntafel) oder Absturzsicherungen (etwa einem Fangnetz) vor Gefahren gewarnt oder bewahrt werden, die nicht ohne weiteres erkennbar sind (etwa ein steiler Abhang neben der Piste).

Opfer aus Skiunfällen, die Schadenersatz fordern möchten, müssen nach einem Sturz beweisen, weshalb sich der Unfall ereignet hat und dass ein Fehlverhalten einer anderen Person oder der Bergbahnen vorliegt. Grundsätzlich wären die Bergbahnen dazu verpflichtet, ein Unfallprotokoll zu verfassen und die Beweise zu sichern, indem etwa die Aussagen von beteiligten Personen aufgenommen werden und eine Fotodokumentation über die örtlichen Gegebenheiten erstellt wird. Bei schweren oder gar tödlichen Unfällen muss die Polizei benachrichtigt werden.

Wir mussten in einigen Fällen feststellen, dass die Pflichten zur Beweissicherung nicht oder nicht ausreichend wahrgenommen werden; dies insbesondere in Fällen, wo eine mögliche Haftung der Bergbahnen im Raum stand. In einem Fall wurden trotz eines spektakulären Unfalls mit erheblichen Verletzungen gar keine Beweiserhebungen vorgenommen. Nur dank Bildaufnahmen von Bekannten des Verunfallten konnte der Unfallhergang rekonstruiert werden. Bei einem anderen, äusserst schweren Unfall zeigte eine Analyse des Bildmaterials sogar, dass eine Markierungsstange vor Erstellung einer Fotodokumentation (bewusst?) umplatziert wurde.

Wenn das Opfer den genauen Unfallhergang nachträglich nicht nachweisen kann, ist eine erfolgreiche Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen von Vornherein zum Scheitern verurteilt. Dies gilt auch dann, wenn die Bergbahnen den Unfall überhaupt nicht oder nicht ausreichend dokumentiert haben und damit ihren Beweissicherungspflichten nicht nachgekommen sind. Es ist deshalb bei einem Unfall, in den man verwickelt wurde oder den man beobachtet hat, in jedem Fall empfehlenswert, selber Beweise zu sichern, indem die Personalien von weiteren beteiligten oder beobachtenden Personen aufgenommen werden und die Unfallstelle fotografisch festgehalten wird. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass auch Bilder gemacht werden, welche die Unfallstelle in Fahrtrichtung zeigen, da meist nur so die Umstände, die zum Unfall geführt haben, rekonstruiert werden können. Bei schweren Unfällen empfiehlt sich, unverzüglich die Polizei zu benachrichtigen.

FIS-Regeln