Arbeitgebende schliessen eine Krankentaggeldversicherung zentral mit dem Zweck ab, Kosten, die ihnen aufgrund ihrer arbeitsrechtlichen Lohnfortzahlungspflicht bei Arbeitsunfähigkeit ihrer Arbeitnehmenden entstehen, abzusichern. Im nachfolgenden Beitrag werden drei Fallkonstellationen an der Schnittstelle zwischen der arbeitsvertraglichen Lohnfortzahlungspflicht und der versicherungsvertraglichen Taggeldlösung dargelegt, die in der Praxis Konfliktpotential aufweisen und eine arbeitsvertragliche Haftung der Arbeitgebenden zur Folge haben können.

Zum Streit kommt es oft, wenn dem Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag etwas anderes zugesichert wurde, als schliesslich von der Versicherung geleistet wird. Dazu folgendes Beispiel: Im Arbeitsvertrag werden z.B. im Krankheitsfall 90% des versicherten Lohnes versprochen und von der Arbeitgeberin während des Arbeitsverhältnisses auch bezahlt. Nach Ende des Arbeitsverhältnisses und bei fortbestehender Krankheit werden dann jedoch nur 80% von der Krankentaggeldversicherung geleistet, weil die Arbeitgeberin nur ein Taggeld in dieser Höhe versichert hatte. Der Fehlbetrag (hier die Differenz von 10% Taggeld) ist dann durch die Arbeitgeberin zu begleichen. Es ist den Arbeitgebenden deshalb zu empfehlen, Arbeitsverträge und Reglemente so zu formulieren, dass sich der Leistungsumfang nach der aktuell geltenden Versicherungspolice richtet.

Weiter ist wichtig zu wissen, dass die Arbeitgeberin Schuldnerin der gesamten Prämienforderung gegenüber der Krankentaggeldversicherung bleibt, auch wenn die Prämien zwischen der Arbeitgeberin und dem Arbeitnehmer hälftig geteilt werden, wie dies in der Praxis häufig anzutreffen ist. Bezahlt sie nicht die gesamte Prämie und wird der Arbeitnehmer in diesem unversicherten Zeitraum krank, so ist es der Arbeitgeberin anzulasten, wenn nach Ende des Arbeitsvertrags keine Nachleistung aus der Krankentaggeldversicherung besteht. Das entgangene Taggeld ist in diesem Fall durch die Arbeitgeberin zu ersetzen.

Schliesslich kommen auch Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Informationspflicht über das Übertrittsrecht von der Kollektiv- in die Einzelversicherung nach Ende des Arbeitsvertrags vor. In zahlreichen Allgemeinen Versicherungsbedingungen wird diese Informationspflicht der Arbeitgeberin überbunden. Hat die Arbeitgeberin ihre Arbeitnehmenden nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht über jene Übertrittsmöglichkeit informiert, ist sie für den dadurch erlittenen Schaden (kein oder nur verminderter Taggeldanspruch) ersatzpflichtig (Urteil des Bundesgerichts 4A_348/2007 vom 19.12.2007 E. 4). Anzumerken ist hierzu jedoch, dass das Gesetz im Falle von arbeitslosen Personen i.S.v. Art. 10 AVIG diese Informationspflicht ausdrücklich dem Versicherungsunternehmen zuweist (Art. 100 Abs. 2 VVG i.V.m. Art. 71 Abs. 2 KVG), die Arbeitgeberin hier also nicht mehr in die Pflicht genommen werden kann.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass zur Vermeidung von Streitigkeiten im Zusammenspiel von arbeitsvertraglichen Lohnfortzahlungs- und versicherungsvertraglichen Taggeldansprüchen ein möglichst transparenter Austausch hinsichtlich der Vertragsgrundlagen und den leistungsrelevanten Vorkommnissen (Krankheitseintritt, Diagnosestellung etc.) anzuraten ist. Insbesondere sind die vertraglichen Bestimmungen zur Lohnfortzahlung mit der aktuell geltenden Versicherung abzugleichen, um Unstimmigkeiten und daraus abgeleitete Ansprüche zu vermeiden. Des Weiteren ist den Arbeitnehmern in Erinnerung zu rufen, dass sie sich zwar auf ihre Arbeitgeberin als Mittelsperson zur Anmeldung von Versicherungsfällen berufen können, sie aber gut daran tun, den Informationsfluss so weit möglich selbst anzustossen und zu kontrollieren.

Der vorliegende Beitrag basiert auf der Publikation von Schadenanwältin Aurelia Jennyin iusNet, Arbeitsrecht und Sozialversicherungsrecht,  Lohnfortzahlungspflicht und Krankentaggeldversicherung (iusNet AR-SVR 31.10.2022), die unter nachfolgendem Link gelesen werden kann (Bezahlschranke): https://arbeitsrecht-sozialversicherungsrecht.iusnet.ch/de/fachbeitraege/lohnfortzahlungspflicht-und-krankentaggeldversicherung