Kiter haften wie Kapitäne und Piloten
15. Juni 2022
Das Kitesurfen (auch Kiten genannt) geniesst eine grosse Beliebtheit und hat das Windsurfen weitgehend abgelöst. Die Fortbewegung auf Wasser oder Schnee erfolgt auf einem Brett oder Skiern, angetrieben von einem Drachensegel (Kite), welches auf ca. 20 Meter in der Luft schwebt. Unfälle ereignen sich vorwiegend beim Kreuzen mit anderen Kitesurfern, Wasser- oder Schneesportlern. Es kommt zwar selten vor, dass der Kitesurfer, vom Wind mitgerissen, auf Land, Gebäude oder Menschen aufprallt. Weniger selten sind aber Verletzungen durch das Kiteboard oder durch die Leinen, welche infolge der Windkräfte zu Messers Schneide werden. Dabei können auch Passanten an Land ungeahnt zu Opfern werden.
Wer versichert zu glauben scheint, täuscht sich. Leidtragend ist der geschädigte Verletzte und der belangte Kiter!
Werden Dritte geschädigt, so stellt sich die Frage der Haftung und der Versicherungsdeckung. Generell ergibt sich hierzulande eine Haftung bei unerlaubter Handlung aus Art. 41 OR. Weitere Bestimmungen ergeben sich aus der Binnenschifffahrts- oder gar der Luftfahrtverordnung (BSV, LFV). Der Kite ist gegenüber allen anderen Verkehrsteilnehmern auf See vortrittsbelastet; während Segel- oder Ruderboote den Vortritt gegenüber motorisierten Booten geniessen, trifft dies für Kite’s nicht zu (Art. 44 Abs. 1 lit. f BSV).
Bestimmungen über das Verhalten der Kite-Surfer finden sich etwa in den acht Regeln der International Kiteboarding Association IKA, an welchen sich auch das Bundesgericht, wie etwa bei den FIS-Regeln, orientieren wird. Das Bundesamt für Unfallverhütung gibt verschiedene Empfehlungen ab. Daneben gibt es lokale Bestimmungen, welche das Kiten generell oder in Sperrzonen (auf dem Zürichsee um das Seebecken und die Insel Ufenau oder vor Badanstalten, Landestegen und bei Hafeneinfahrten) verbieten.
Das Gesetz sieht ein Versicherungsobligatorium für das Kiten auf Land und Wasser vor (Art. 153 BSV sowie Art. 10 der Verordnung über Luftfahrzeuge besonderer Kategorien). Die Mindestversicherungs- oder Garantiesummen betragen auf Wasser CHF 750’000.- und auf Land CHF 1 Million. Weil aber weder eine Prüfung noch eine Lizenz verlangt wird, fehlt jegliche Kontrolle darüber, ob die Kitesurfer dieser Verpflichtung auch wirklich nachkommen.
Aber selbst jene, welche eine Privathaftpflichtversicherung (meist kombiniert mit einer Hausratversicherung) abschliessen, sind in der Regel gegen die Haftpflicht als Kiter nicht versichert. Das Kleingedruckte in den Versicherungsbedingungen ist für den Laien kaum verständlich. So wird häufig bestimmt, dass Halter und Benützer von Schiffen (oder Luftfahrzeugen) versichert sind, wenn keine gesetzliche Haftpflichtversicherung verlangt wird. Genau das ist aber beim Kiten der Fall! (vergleiche Allgemeine Versicherungsbedingungen zur Hausrat- und Privathaftpflichtversicherung ZÜRICH Art. 609 Abs. 1; AXA B3.6; MOBILIAR A2, Ziff. 6; HELVETIA, A40 u. 42; VAUDOISE Versicherungen, A6). Einzig die BASLER Versicherung scheint die Benützer von Kites gegen Haftpflicht zu versichern (AVB Hausrat/ Privathaftpflicht C1.23).
Es empfiehlt sich deshalb zu prüfen, ob die Privathaftpflichtversicherung eine Zusatzversicherung für das Kiten (oder andere Sportarten) anbietet. Auch sind Mitglieder des Kitesurfclub Schweiz automatisch und weltweit bis zu einer Schadenssumme von CHF 3 Mio. bei der HELVETIA versichert.