Endlich mehr Qualität bei der Begutachtung durch Sozial- und Privatversicherungen!
11. Oktober 2023
Wie die Medien vor wenigen Tagen berichteten, hat das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) entschieden, Dr. Henning Mast und seiner PMEDA AG die Bewilligung für die Ausstellung von medizinischen Gutachten zu entziehen. Auch Privatversicherer überdenken die Zusammenarbeit. Doch für viele Opfer kommt das zu spät.
Dass mit der PMEDA AG eine ‘schlechte’ Gutachterstelle weg ist, ist sehr schön, löst das Problem aber nicht wirklich. Es gibt andere schlechte Gutachterstellen, es werden weitere folgen. ‹Der Hund liegt anderswo begraben›: Wenn ein Mensch blind ist, dann ist er als Kunstmaler 100% arbeitsunfähig, wenn er taub ist, dann ist er als Pianist 100% arbeitsunfähig, das würde ja wohl selbst die PMEDA so feststellen. 99.9% der gesundheitlich angeschlagenen Menschen sind aber nicht blind, nicht taub, keine Kunstmaler und keine Pianistinnen. Im Normalfall liegen mehrere Leiden vor, vor allem ‹Schmerzen› und ‹Psychisches›, auch haben bzw. hatten die meisten Menschen mehr oder weniger ’normale› Berufe, bevor sie invalid wurden.
Versicherte Schweiz hat vor wenigen Tagen in Olten eine vielbeachtete Weiterbildungsveranstaltung zum Thema organisiert. Dabei war es mit Händen greifbar: Ob bei einer zu begutachtenden Person eine hohe oder eine tiefe Arbeitsunfähigkeit festgestellt wird, steht und fällt mit der Person / der persönlichen Erfahrung / dem Ermessen / vielleicht sogar dem ‹Weltbild› der Gutachterin / des Gutachters. Entscheidend ist, dass die Gutachter unabhängig sind, ihre Aufträge also nicht nur von Versicherungen, sondern auch – und wenn möglich etwa in gleichem Umfange – von Versicherten erhalten. Leider fehlt es bei der PMEDA AG und nicht wenigen ähnlich finanzierten Gutachterstellen vollständig an einer solchen Unabhängigkeit. Aus diesem Grunde setzen sich weshalb schadenanwalt Patrick Wagner und andere, seit Jahren (mit guten Gründen und nicht ohne Erfolg) dafür ein, dass der Leistungsabbau der Sozialversicherungen nicht ins Haftpflicht- und Privatversicherungsrecht ‹übergreift›, weil der Geschädigte dort bei der Gutachterauswahl noch uneingeschränkt ‹mitreden› kann. Am 31. Oktober 2023 wird er an der diesjährigen HAVE-Prozessrechtstagung darüber referieren.