Ferien in Covid-Zeiten: Rechte der Flugpassagiere
15. Juli 2020
Zu Beginn der Sommerferien in der Schweiz nimmt die Angst vor erneut steigenden Corona-Infektionszahlen oder gar einer zweiten Welle zu. Für viele Reisende stellt sich die Frage, welche Rechte sie haben, falls der Flug durch die Fluggesellschaft annulliert oder vom Reisenden (vorsorglich) storniert wird. Die wichtigsten Antworten finden Sie in diesem Beitrag.
Annullierung durch die Fluggesellschaft
Dabei handelt es sich um den aktuell wohl wichtigsten Fall, werden doch täglich immer noch zahlreiche Flüge annuliert. Die Folgen einer Annulierung regelt die Fluggastrechteverordnung der Europäischen Union (EU), welche die Schweiz im Rahmen des Luftverkehrsabkommens zwischen der Schweiz und EU übernommen hat.
Bei einer Annulierung durch die Fluggesellschaft ist diese verpflichtet, nach Wahl des Passagiers eine Umbuchung zu den gleichen Konditionen oder die vollständige Rückerstattung der Ticketkosten anzubieten. Sofern die Annullierung des Fluges eine Wartezeit zur Folge und sich der Passagier für eine Umbuchung entschieden hat, muss die Fluggesellschaft auch für die Betreuung während der Wartezeit aufkommen. Dies kann insbesondere die Vergütung von Mahlzeiten und Getränken sowie eine Hotelunterbringung beinhalten, wenn etwa der Rückflug annulliert und der Ersatzflug erst am Folgetag durchgeführt wird. Ein entsprechender Anspruch besteht jedoch nur, wenn sich der Passagier für eine Umbuchung für den nächstmöglichen Flug entschieden hat.
Zusätzlich besteht gestützt auf die Fluggastrechteverordnung bei Annulierung eines Flugs grundsätzlich ein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung. Der Ausgleichsanspruch beträgt zwischen € 125 und € 600, wobei die genaue Höhe von der Flugdistanz abhängt. Kein Anspruch besteht dann, wenn die Passagiere mindestens zwei Wochen vor dem planmässigen Abflug über die Annullierung informiert werden oder wenn die Annulierung aus einem aussergewöhnlichen Grund erfolgte. Ob eine Annullierung unter Hinweis auf die Corona-Krise als aussergewöhnlicher Grund gilt und damit eine Ausgleichszahlung ausschliesst, ist nicht abschliessend geklärt.
Gemäss einer aktuellen Bekanntmachung der Europäischen Kommission sind Massnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Krise grundsätzlich mögliche aussergewöhnliche Gründe, doch muss jeder Fall separat beurteilt werden. So entfällt gemäss der Bekanntmachung der Anspruch auf die Ausgleichszahlung etwa dann, wenn Behörden bestimmte Flüge entweder verbieten oder den Personenverkehr in einer Weise untersagen, die faktisch die Durchführung des betreffenden Flugs ausschliesst. Dies ist etwa für Flüge in ein Land der Fall, das eine (umfassende oder sehr weitgehende) Einreisebeschränkung erlassen hat. Die Ansprüche auf Umbuchung oder Rückerstattung der Ticketkosten sowie Betreuung während der Wartezeit bestehen auch in diesen Fällen.
Stornierung durch den Passagier
Bei einer freiwilligen Stornierung des Flugs besteht in der Regel kein Anspruch gegenüber der Fluggesellschaft. Diverse Fluggesellschaften bieten aber aufgrund der aktuellen ausserordentlichen Lage die Möglichkeit an, gebuchte Flüge kostenlos umzubuchen.
Gegenüber einer Reiseversicherung kann ein Anspruch insbesondere dann bestehen, wenn das Zielland die Einreise verweigert, der Bund für bestimmte Länder Reisewarnungen herausgibt oder staatliche Quarantänepflichten bestehen. Zur Prüfung einer Leistungspflicht sind die allgemeinen Versicherungsbedingungen heranzuziehen, wobei im Zusammenhang mit der Corona-Krise diesbezüglich immer noch diverse Unklarheiten bestehen und die Versicherungsgesellschaften Leistungen im Zusammenhang mit einer Pandemie – aus unserer Sicht zu unrecht – generell verweigern (vgl. Newsbeitrag vom 11. Mai 2020).
Die Reisewarnungen des Bundes wurden für Ziele in Europa Mitte Juni weitgehend aufgehoben, wie der aktuellsten Mitteilung des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) entnommen werden kann, womit in den meisten Fällen keine Versicherungsansprüche bei einer Stornierung einer Reise in ein euorpäisches Land bestehen dürften.
Seit dem 6. Juli 2020 besteht die Besonderheit, dass sich alle Personen, die aus einem Staat oder Gebiet mit hohem Infektionsrisiko in die Schweiz einreisen, während zehn Tagen in Quarantäne begeben müssen. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) führt eine Liste dieser Länder. Einige Reiseversicherungen decken grundsätzlich die Kosten, wenn eine Reise wegen einer staatlich angeordneten Quarantänepflicht im Zielland oder auch bei Rückreise in die Schweiz nicht angetreten wird. Auch diesbezüglich ist jedoch leider zu erwarten, dass gewisse Versicherungen versuchen werden, entsprechende Ansprüche unter Hinweis auf Ausschlüsse in ihren Versicherungsbedingen abzulehnen.